Servus,
jetzt musst ich mich hier doch mal schnell anmelden, um paar Dinge klar zu stellen - bevor das Schiff hier ausm Ruder läuft!
Ganz wesentlich bei allen Gedankengängen ist sicherlich die Biologie bzw. Physiologie des Lachses. Aus meiner Sicht ist das Hauptproblem nicht das gezielte Beangeln und sich präsentieren mit der Beute - sondern ganz klar die daraus resultierenden Folgen für den Lachs an sich!
Wie wäre es, wenn man etwa für den Lahnbereich vor dem ersten unüberwindbaren Wehr in Lahnstein (hier bisher Angeln verboten!) zur Zeit des Lachszuges Tageskarten von 100 Euro ausgeben würde. Die gefangenen Lachse und Meerforellen könnten oberhalb des Wehrs wieder ausgesetzt werden.
In meinen Augen ist das leider keine wirklich gute Idee...
Man muss sich bitte immer vor Augen halten, dass die Lachse teilweise über 5000km Strecke hinter sich haben
bevor sie die Rheinmündung erreichen. Von den Mündungen in Holland bis zu uns sind es dann nochmal meherer Hundert Kilometer! Die Situation des Rheinlachses ist eine völlig andere, als die der Lachse in Norwegen, Dänemark oder Kanada (oft nur wenige Km von Mündung bis zu Laichplätzen) und daher absolut nicht vergleichbar.
Während der langen Wanderung von Grönlands reich gedeckten Tafeln haben sie nur wenig gefressen (die Milchner können aufgrund des Laichhakens nur noch erschwert Nahrung aufnehmen) und ihr Stoffwechsel hat sich völlig verändert:
Die Fische sind vollgepumpt mit Hormonen, aufgrund der anstehenden Paarung. Sämtliche Energiereserven sind auf der langen Wanderung aufgebraucht oder in die Fortpflanzungsorgane transportiert worden. Hinzu kommt jetzt noch die Situation sich von kaltem Salz- auf warmes Süßwasser umzustellen. Das bedeutet nicht nur extremen physiologischen Stress, sondern zudem auch noch eine wesentliche höhere Infektionsgefahr (z.B. bei Schleimhautverletzungen). Da die tatsächliche Paarung aber erst in einigen Wochen (teilweise Monate, da die ersten Aufsteiger oft schon im Juli auftauchen) stattfindet, ist der Stoffwechsel der Fische, wenn sie vor den Flussmündungen auf Hochwasser warten, auf ein Minimum reduziert.
Ein Drill ist in dieser Situation nicht unbedingt förderlich für das bevorstehende Laichgeschäft.
Durch den Stress beim Drill wird vermehrt Adrenalin ausgeschüttet, dass den Lachs aus seinem Ruhezustand augenblicklich auf "180" putscht. Was für den Angler ein spektakulärer Drill ist, ist für den Lachs meist der Anfang vom Ende. Denn auch wenn der Fisch nach dem Releasen kurzfristig wieder davonschwimmt (Fluchtreaktion), so ist der Organismus stark geschädigt, da die Muskeln übersäuert sind.
Hinzu kommt, dass Salmoniden ohnehin eine recht empfindliche Schleimhaut haben. Jegliche Verletzung derselben (z.B. durch trockene Hände, etc.) führt extrem schnell zu Verpilzungen, denn der Organismus des Lachses ist eben kaltes Salzwasser gewöhnt (Salz hat eine heilende Wirkung für die Schleimhäute/ Viren verbreiten sich in warmen Wasser schneller) - nicht aber über 20° warme Rheinbrühe. Dies äußert sich auch deutlich in der Anzahl der Mehrfachablaicher, die bei uns deutlich geringer ist als beispielsweise bei skandinavischen Lachsen.
Es hat 2007 und 2008 versuche in RLP an einer Flußmündung gegeben, wo jemand mit Genehmigung gezielt Lachse beangelt hat - mit Fliegenrute, Schonhaken und dem nötigen Hintergrundwissen. Die Fische wurden lediglich im Wasser markiert und fotografiert und anschließend wieder schwimmen gelassen. Und nun ratet mal wieviele Lachse bei den anschließenden Kontrollbefischungen (Elektrobefischungen) wieder nachgewiesen werden konnten...
Fachleute gehen derzeit davon aus, dass jeder gefangene Lachs - egal ob zurückgesetzt oder abgeschlagen, ein Totalverlust ist. Und so viele Lachse kommen leider aktuelle noch nicht in unsere Bäche und Flüsse zurück.
Das Schlimme ist, dass das Ganze auf Betreiben von Angelfunktionären geschieht
Das wiederum ist ein Problem in NRW!
In Rheinland-Pfalz und Hessen sieht das anders aus - aber dort sind ja auch z.B. die Flussmündungen ganzjährig gesperrt!