Ich verstehe deine Gründe ‚pro’ Prüfung durchaus, Innfischer, teile deine Meinung jedoch nur bedingt, bzw. komme zu anderen Schlüssen.
Zunächst mal ist die Organisation der Angelei in meiner Region (nördl. NRW) nicht anders. Die Vereinsstruktur lehne ich ja auch nicht ab, im Gegenteil, ich engagiere mich selbst in meinem Verein.
Andere Regionen funktionieren durchaus auch, auch wenn sie eine andere Ordnung haben, z.B. die Sauerlandtalsperren hier in NRW. Ich maße mir nicht an, zu entscheiden, welche Struktur besser oder schlechter ist, gebe jedoch zu, dass letztere vermutlich eher für Großgewässer geeignet ist.
Egal, ob organisierter oder unorganisierter Angler:
die Fähigkeit, sich naturgerecht zu verhalten, ist nicht von der Ableistung einer Prüfung abhängig.
Eine
Qualifikation zur Gewässerbewirtschaftung ist diese sowieso nicht. Gewässerwarte werden bei uns, wie vermutlich auch bei dir, speziell geschult und regelmäßig werden externe Experten hinzugezogen. Davon ist doch der normale Angler, das einfache Vereinsmitglied (das soll keine Wertung sein), ganz weit weg. Es sei denn, seine Körperkraft wird für den Besatz oder die Gewässerpflege benötigt.
Thema Tierschutz: Schön, dass es solche Praxis bei euch gibt. Ist das mittlerweile üblich? Ich kannte, nachdem ich die Prüfung abgelegt hatte, Fische weiterhin nur aus dem Aquarium. Ist allerdings auch schon so einige Jährchen her.
Ich zitiere mal den VDSF: „Bundeseinheitlich ist jedoch geregelt:
1. Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.
2. Wer Tiere betreut, ruhigstellt, betäubt, schlachtet oder tötet, muss über die hierfür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) verfügen.“
Verfügen all die Ausnahmegruppen über diese Sachkenntnis ohne Prüfung? Ist es einem Rollifahrer in die Wiege gelegt, einen Fisch waidgerecht zu töten? Kann dies ein Franzose auf Urlaub in D prima ohne Prüfung, ein im D wohnender Franzose aber nur mit? Und wieso ist Tierschutz EU-weit gültig, nur für Fische in D –die durch Angler, und bestimmte Angler dann auch wieder nicht, gefangen werden- muss die Sachkenntnis per Prüfung belegt werden?
Wieso interessiert das niemanden in Bezug auf Taubenhalter und besagte Karnickelzüchter?
Recht einfach: hier setzt man die Bereitschaft, sich diese Sachkenntnis freiwillig anzueignen, einfach voraus!
Auch wichtig: die Prüfung wurde nie eingeführt, um genannte Sachkenntnis zu erlangen.
Diese Insel der Bürokratie mitten in Europa...
Was bringt also dem einzelnen, ‚normalen’ Angler die Prüfung? Ein Wissen, das er nicht braucht, ihn zu nichts befähigt, ihn vielleicht nicht mal interessiert (z.B. der botanische Teil). Letzteres muss man nicht gut finden, aber es ist sein gutes Recht.
Ich plädiere auch nicht zwingend für einen ersatzlosen Wegfall. Etwas, mit dem der ehemalige Prüfling etwas anfangen kann, wäre aber die Mindestlösung für mich.
Der Vorteil eines Wegfalls der Prüfung liegt für mich nicht in der finanziellen Ersparnis des Einzelnen, die ist mir relativ wurscht. Der Wegfall eines unsinnigen, überflüssigen Instrumentes ist schon ein Vorteil an sich. Darüber hinaus eröffnet es die Angelei einer breiteren Bevölkerungsschicht.
Lt. VDSF sind wir ca. 1,6 Mio. ‚amtlich erfasste’ Angler. Robert Arlinghaus' Studie kommt auf 4 Mio (seine Definition: Person muss mind. 1x im Jahr angeln, egal wo) …da sitzt noch einiges an Musik drin.
Es sei denn, man möchte die Prüfung genau aus dem Grunde, aus dem sie im Westen in den 50ern eingeführt wurde:
die Zahl der Angler zu limitieren
und
das Image des „Jägers, der sich keine Flinte leisten kann“ abzulegen.
Darüber sollten wir mittlerweile hinaus sein.
-Danke an alle, die sich bis hierhin durch den lang gewordenen Text gequält haben-
